2002 Vierseitige Reportage und Interview in dem Magazin "STIL -Begegnungen mit Stahl -Technologie von morgen" des Stahlkonzerns Salzgitter Ag mit dem Titel "Stahl schmückt-Objekt Design"
Interview mit Henning Block und Wilma Bögel 4/2002 für das Magazin Stil der Salzgitter AG Stahl und Technologie.
Pferde-Stärken
Jedes Ross von Block und Aevermann ist ein Unikat. Nie wird zum Bau dieselbe Schablone benutzt.
STAHL SCHMÜCKT: FOTOS: AEVERMANN
OBJEKT-DESIGN
Kunst-Stücke aus Stahl
Mal filigran, mal mächtig. Mal schroff, mal glänzend. Aber eins ist Kunst aus Stahl immer - einfach schön.
Speiende Drachen, elegante Delfine, edle Rösser: Wo immer die Werke der niedersächsischen Künstler Henning Block und Sylvia Aevermann zu sehen sind, erregen sie die Aufmerksamkeit des Betrachters. Mal filigran, mal mächtig, mal glänzend, mal schroff oder kantig: Die Plastiken von Block und Aevermann zeigen beispielhaft, dass Stahl eben viel mehr ist, als nur ein Werkstoff für nüchterne Industriegüter. Künstler haben Stahl schon vor langem als idealen Rohstoff für ihre Werke entdeckt.
Doch viele Jahre fristeten sie eher ein Schattendasein. Jetzt kommen Plastiken aus diesem vielseitigen und dauerhaften Material immer mehr in Mode - und das weltweit. Genießen Sie die Exponate, die wir Ihnen auf diesen Seiten zeigen. Lesen Sie das Interview mit Henning Block, in dem er u. a. darüber spricht, was ihn einst zum Arbeiten mit Stahl inspirierte und mit welchen Techniken er das
Rohmaterial zu seinen Plastiken verarbeitet. Es ist eine aufwändige Arbeit, eine Arbeit, die viel Kraft und Zeit beansprucht. Entsprechend hoch liegen die Preise, die durchaus bis in den fünf- oder sechsstelligen Euro-Bereich hineinreichen können. Als Weihnachtsgeschenk kommen die Plastiken von Block und Aevermann deshalb wohl nur für einen sehr begrenzten Kundenkreis in Frage. Aber auch für das Portemonnaie von Otto Normalverbraucher finden sich auf
den nächsten Seiten schöne Geschenke aus Stahl - aus Edelstahl. Kleine, praktische Dinge für den Haushalt, edel und originell in der Form - und vor allem bezahlbar. Kunst aus Stahl - fünf Seiten, die erneut beeindruckend belegen, wie vielseitig dieser unerschöpfliche Werkstoff ist und welche Möglichkeiten er den Menschen bietet.
Henning Block - Künstler mit Stahl
"Anfangs jeden Tag auf dem Schrottplatz..."
INTERVIEW
Glänzend stehen die Stahldrachen in der Sonne, fletschen ihre Zähne und heben Furcht erregend ihre Krallen. Die kleinen Kunstwerke aus dem Atelier "Stahl und Farbe" stammen von den beiden Künstlern Henning Block und Sylvia Aevermann. Der gelernte Schmied Block hat vor vierzehn Jahren angefangen, zuerst kleinere, dann immer größere Plastiken aus dem Material Stahl zu fertigen und damit sein Hobby und seine Begeisterung zum Beruf gemacht. Henning Block arbeitet zusammen mit der Malerin Sylvia Aevermann in dem niedersächsischen Städtchen Stadensen.
STIL: Wann und warum entstand die erste Stahl-Skulptur?
Henning Block: Die Idee, aus Stahl Figuren und Skulpturen herzustellen, entstand 1988 auf einem Schrottplatz. Die dort herumliegenden Stanzabschnitte inspirierten mich zu ersten kleinen Experimenten. Ich arbeitete zu jener Zeit als Restaurator an Oldtimern und Sportwagen, und hatte
eine Ausbildung zum Schmied gemacht. Daher war es kein Problem für mich, das Material zu bearbeiten. Das erste fertige Objekt war ein kleiner aus Stahldraht zusammengeschweißter Drache mit beweglichen Flügeln.
STIL: Wie ging es weiter?
Henning Block:
Bei einem Besuch der Moto Cross Maschinen Fabrik Armstrong in Bolton Manchester England beobachtete ich fasziniert, wie Auspuffe geblasen wurden. Nach der Rückkehr versuchte ich, aus den gesammelten Stücken vom Schrottplatz eigene Figuren zu blasen. Und je mehr ich mich damit beschäftigte, desto erkennbarer wurden die Plastiken, und mein Ehrgeiz wuchs mit jedem Stück.
STIL: Wie entsteht ein Stahldrache?
Henning Block:
Der Drache besteht aus verschiedenen Segmenten (Rumpf, Kopf, Flügel und Gliedmaßen), die alle einzeln gefertigt und dann zu einem ganzen Stück zusammengeschweißt werden. Die Bauteile werden auf ein doppelt gelegtes Tiefzieh-Stahlblech skizziert und dann mit einem Plasma-Schneidbrenner entlang der Konturen ausgeschnitten. Die beiden identisch entstandenen Teile werden zu einem Stück zusammengeschweißt, und über ein eingearbeitetes Ventil wird Pressluft zugeführt. Durch den steigenden Innendruck formt sich nun der Körper. Dellen, Rundungen und Ausbuchtungen, die den Drachenkörper erkennbar machen, werden durch partielle Erwärmung mit einem Azetylen-Brenner gefertigt. Nachdem so alle Bauteile hergestellt wurden, wird der Drache zu einem Ganzen zusammengeschweißt.
STIL: Gibt es noch ein anderes Verfahren?
Henning Block:
Neben dem Extrusions-Verfahren, wie sich der Arbeitsvorgang mit der Pressluft nennt, gibt es auch das Vakuum-Tiefziehverfahren. Nach der Erwärmung wird das Stahlblech über eine massive Positivform gezogen. Durch den bestehenden Luftdruck und spezielle Setz- und Prägehämmer wird das Blech dann in die entsprechende Form gebracht. Auch hier werden die fertigen Teile am Ende zu einem ganzen Drachen, Pferd oder Menschen zusammengesetzt.
STIL: Woher kommt die silberne Farbe der Plastiken?
Henning Block:
Die silbrige Farbe ist die Ursprungsfarbe des Stahls. Nach der Fertig-Stellung wird die Figur so lange mit Sandstrahlen, Bürsten, Filz und Polierwachs poliert, bis sie glänzt. Die zurzeit bei mir in der Werkstatt stehenden Drachen sind alles Rohlinge, die je nach Geschmack des Käufers noch versilbert, vergoldet, emailliert oder vernickelt werden können.
STIL: Betreiben Sie Auftragsarbeit, oder kommt die Motivation aus eigenen Ideen?
Henning Block: Die ersten Figuren entstanden aus eigenen Ideen, dann kamen immer mehr Menschen auf uns zu, die ihre Wünsche und Vorstellungen mitbrachten. Heute bewegen wir uns zwischen beiden Arbeitsfeldern. Wir sind auf der einen Seite immer auf der Suche nach Sponsoren und Auftraggebern, auf der anderen versuchen wir uns an Neuentwicklungen. Gerade hatten wir eine Anfrage für ein lebensgroßes Pferd als Statue für einen Rennstall.
STIL: Wie lange arbeiten Sie an so einem großen Objekt, und was kostet es?
Henning Block: Als ich dem Rennstall-Inhaber unseren Preis genannt habe, musste er erst einmal heftig schlucken. Denn so ein Pferd kostet inklusive Material etwa 25 000 Euro. Aber dafür arbeiten wir auch bis zu einem halben Jahr daran.
STIL: Woher bekommen Sie den nötigen Stahl?
Henning Block: Zu Beginn waren wir täglich Gast auf dem Schrottplatz. Kostengünstiger konnten wir nicht an das Material für unsere Experimente kommen. Täglich fuhren wir ungefähr 300 bis 400 Kilo Stahlschrott und -material in unserem Auto heim. Nach ein paar Wochen hatten wir einen Vorrat von 15 Tonnen Stahl zu Hause. Heute bestellen wir die Stahlbleche direkt bei den Werken, denn jeder Auftrag benötigt eine andere Form, Größe und Dicke des Ausgangsmaterials.
STIL Haben Sie eine Lieblingsskulptur, die unverkäuflich ist?
Henning Block:
Nein. Jedes unserer Exponate ist zwar mit Liebe gemacht, aber ich hänge nicht an ihnen. Und es gibt auch kein Teil, das unverkäuflich wäre. Bei einer Auftragsarbeit weißt du ja schon vorher, dass sie den Besitzer wechseln wird.
STIL: Ihr nächstes Projekt?
Henning Block: Wahrscheinlich wird es das besagte Rennpferd werden. Doch wir sind immer offen für neue Aufträge und für neue Inspirationen.
DAS INTERVIEW FÜHRTE WILMA BÖGEL
STAHL SCHMÜCKT :
Exklusiv und teuer: Diese Drachen kosten knapp 23 000 Euro
FOTOS: SYLVIA AEVERMANN
INFO:
Ateliergemeinschaft Stahl & Farbe Henning Block & Sylvia Aevermann Mühlenstraße 9
29596 Stadensen
Telefon: 0 5802/41 11 E-Mail: webmaster@stahlundfarbe.de